LITERATUR: LITERATUR!

75 JAHRE „SINN UND FORM“
Ein Abend mit Cecile Wajsbrot und Gernot Krämer
Einführung: Norbert Wehr
Donnerstag, 26. September 2024, 19.30 Uhr
LeseRaum in der Akazienallee, Essen

Als „geheimes Journal der Nation“ rühmte Walter Jens die Literaturzeitschrift Sinn und Form in Anspielung auf ihre Wirkung beiderseits der innerdeutschen Grenze. Anders als sonstige DDR-Medien unterlag sie dank der Anbindung an die Akademie der Künste nämlich keiner Vorzensur und konnte Texte drucken, die andernorts undenkbar waren. (Der Ärger kam oft hinterher.) Legendär sind Erstveröffentlichungen wie Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W oder, kurz vor dem Mauerfall, Christoph Heins Abgesang auf die DDR Die Ritter der Tafelrunde – in einem Heft, das ironischerweise noch mit einem Grußwort von Erich Honecker begann.
Geholfen hat auch das bis heute unveränderte Profil, das ihr der später abgesetzte Gründungschefredakteur Peter Huchel mitgegeben hat. Bei der Wiedervereinigung der ost- und westdeutschen Akademie der Künste Anfang der neunziger Jahre blieb Sinn und Form erhalten und erscheint nunmehr seit 75 Jahren in der unverwechselbaren Gestalt mit der farbigen Bauchbinde. Aus Anlass dieses Jubiläums wurden die vergriffenen Jahrgänge (1949–91) digital wieder zugänglich gemacht, ein literatur- und kulturgeschichtlich einzigartiges Archiv mit über 4000 Beiträgen, die oft nur hier zu finden sind.
Bis heute bewahrt hat sich Sinn und Form die internationale Ausrichtung. Archiventdeckungen stehen neben literarischen Debüts, Erstveröffentlichungen neben Klassikern, Gespräche und Gedichte neben Briefeditionen, Essays, Erinnerungen und Erzählungen.
Die Schriftstellerin Cécile Wajsbrot ist der Zeitschrift seit langem eng verbunden: als Autorin, Beirätin und Mitglied der Akademie der Künste. Viele ihrer kürzeren Texte, vor allem Essays und Autobiographisches, wurden in Sinn und Form veröffentlicht. Mit Redakteur Gernot Krämer spricht sie an dem Abend über die großen Themen und Kraftquellen ihrer Literatur sowie ihre Beiträge für die Zeitschrift.
Cécile Wajsbrot lebt in Paris und in Berlin. In ihren Romanen, in denen es um Vergessen und Erinnerung, um bedrohliche Zukünfte oder um Kunstwerke geht, versucht sie neue Wege für die Fiktion zu entwickeln. Auf deutsch erschienen zuletzt die Romane Zerstörung und Nevermore.
Gernot Krämer studierte in Bochum und ist seit 2006 Redakteur von Sinn und Form. Außerdem übersetzt er Literatur aus dem Französischen, z. B. Julien Gracq, Apollinaire, Huysmans, Marcel Schwob und, ja, auch Cécile Wajsbrot.

Eine Kooperation im Rahmen der Reihe LITERATUR: LITERATUR! der Literarischen Gesellschaft Ruhr e.V. mit Schreibheft, Zeitschrift für Literatur, und der Buchhandlung Proust
Gefördert von der Alfred und Claire Pott-Stiftung

 

PETER KURZECK: FRANKFURT – PARIS – FRANKFURT
Ein Abend mit Rudi Deuble, Kurzecks Lektor und Nachlassverwalter
Moderation: Norbert Wehr
Montag, 21. Oktober 2024, 19.30 Uhr
LeseRaum in der Akazienallee, Essen

»In Paris im Herbst 1977. Der deutsche Herbst.« Der Abschluss von Kurzecks Chronik Das alte Jahrhundert

Spätsommer, bald Herbst 1977. Der Erzähler Peter und seine Freundin Sibylle kommen nach Frankfurt am Main. Seit drei Jahren zusammen und immer noch dabei, sich ihr Leben zu erzählen. Peter arbeitet an seinem ersten Buch. Eine Zeit der Anfänge und des Aufbruchs. Die Zeit der Schleyer-Entführung, Straßensperren, Razzien. Peter muss seinen Freund Jürgen über die Grenze nach Frankreich bringen. Später wollen sie sich in Paris treffen. Auf der Fahrt dorthin: Grenzkontrollen, ein Gewitter, nachts der Autounfall in Meaux. Dann Paris, und der Himmel fängt an zu leuchten. Mit ihm die Bars, die Nächte, die Märkte, das Essen, französische Zigaretten und das Leben.
Den Roman Frankfurt – Paris – Frankfurt hat Peter Kurzeck schon 1995 vollständig abgeschlossen, später sah er ihn als zehnten Band der Chronik Das alte Jahrhundert vor. Es ist das erste vollendete Manuskript aus diesem Romanzyklus – und gleichzeitig das letzte, das erscheint. So schließt sich ein Kreis. Als wäre der Roman ein Auftakt, ein Prolog, der von den Wegen berichtet, die hier zum ersten Mal gegangen werden.
Peter Kurzeck, geboren 1943 in Böhmen, aufgewachsen in Staufenberg bei Gießen. Später lebte er in Frankfurt am Main und Uzès (Südfrankreich). Von dieser Anfangszeit in Frankfurt und der Arbeit an seinem ersten Roman handelt das Parisbuch. Ab 1992 schrieb er an der autobiografischen Romanfolge Das alte Jahrhundert. Er erhielt zahlreiche Literaturpreise, u. a. den Alfred-Döblin- und den Robert Gernhardt-Preis. Kurzeck starb 2013 in Frankfurt am Main.
Rudi Deuble, geboren 1952 in Neuenbürg. Studium der Germanistik und Politikwissenschaft, betreute ab 1990 Peter Kurzeck beim Verlag Stroemfeld/Roter Stern. Heute sein Nachlassverwalter. Verlagsvertreter. Deuble lebt in Frankfurt am Main.

Eine Kooperation im Rahmen der Reihe LITERATUR: LITERATUR! der Literarischen Gesellschaft Ruhr e.V. mit Schreibheft, Zeitschrift für Literatur, und der Buchhandlung Proust
Gefördert von der Alfred und Claire Pott-Stiftung

 

GAEA SCHOETERS: TROPHÄE
Moderation: Lisa Mensing
Mittwoch, 27. November 2024, 19.30 Uhr
LeseRaum in der Akazienallee, Essen

Trophäe, Gaea Schoetersʼ preisgekrönter Roman, ist von einer außerordentlichen erzählerischen Wucht. Die Tiefenschärfe, mit der sie die Geräusche und Gerüche der Natur beschreibt, lässt einen sinnlich erleben, was einen moralisch an die Grenzen zwischen Richtig und Falsch führt.
Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. Hunter sinnt auf Rache, als ihn Van Heeren fragt, ob er schon einmal von den Big Six gehört habe. Zunächst ist Hunter geschockt, aber als er die jungen Afrikaner beim flinken Jagen beobachtet … Ein Roman von radikaler Konsequenz.
Trophäe ist ein „ethischer Mindfuck“ (Dimitri Verhulst) – provokant, radikal und eine erzählerische Ausnahmeerscheinung. Am Ende bleibt die Frage: Was ist ein Menschenleben wert?
Gaea Schoeters, geboren 1976, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin. 2012 gewann sie den Großen Preis Jan Wauters für ihren kreativen Umgang mit Sprache. Für Trophäe wurde sie mit dem Literaturpreis Sabam for Culture ausgezeichnet.

https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/gaea-schoeters-trophae-video-100.html

Eine Kooperation im Rahmen der Reihe LITERATUR: LITERATUR! der Literarischen Gesellschaft Ruhr e.V. mit Schreibheft, Zeitschrift für Literatur, und der Buchhandlung Proust
Gefördert von der Alfred und Claire Pott-Stiftung

05. Dezember 2018 von literadmin
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